Das ITM beim 22. internationalen figuren.theater.festival

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Vom 7. bis 16. Mai lädt die kontaktlose Programmreihe des 22. internationalen figuren.theater.festivals dazu ein, die ganze Bandbreite dessen zu entdecken, was sich an innovativen und kreativen Formaten im Bereich des virtuellen Theaters in den letzten Monaten entwickelt hat. In rund zwanzig aufwendigen Projekten – Begegnungen am Telefon, Instagames, interaktiven Performances, Kurzfilmen, Lecture Performances und Live-Streams, zum Großteil explizit für den virtuellen Raum produziert – präsentieren Compagnien aus Deutschland, El Salvador, Frankreich, Israel, Österreich, Türkei, den USA und der Schweiz ein umfangreiches städteübergreifendes Programm, das auch pandemieunabhängig erlebt werden kann.

Das gesamte Programm finden Sie unter: http://www.figurentheaterfestival.de

Lehrende und Studierende des ITM sind bei drei Produktionen, die als »Tryouts« aus dem Experimentiertheater, bei verschiedenen Gesprächsformaten sowie beim Jungen Forum involviert.

Update (9. Mai): Start des Twitch-Kanals zum Figurentheaterfestival +++ Artikel über die Aktivitäten im Experimentiertheater in den Erlanger Nachrichten vom 8. Mai 2021 +++ Bericht im BR Rundschau Magazin vom 8. Mai 2021

Labor Experimentiertheater: Auf der Bühne – für die Kamera

Das Experimentiertheater des Instituts für Theater- und Medienwissenschaft der FAU Erlangen-Nürnberg ist seit Jahren ein wichtiger Spielort des Festivals. Philippe Quesne, Miet Warlop, Renaud Herbin, Akhe, Eva Meyer-Keller, Kate McIntosh, die Numen Company, Barbara Matijević & Giuseppe Chico und viele weitere namhafte Künstler:innen des Genres waren in den letzten Jahren dort mit ihren Produktionen zu Gast.

In diesem Jahr wird das Experimentiertheater – seinem Namen gemäß – zum Labor: Drei Tryouts von Künstler:innen des Festivals – florschütz & döhnert, Rafi Martin und Laia RiCa – werden dort ohne Publikum aufgeführt und live gestreamt. Das Team des Medienstudios und des Experimentiertheaters sucht, im Rahmen einer künstlerischen Lehrveranstaltung begleitet von Studierenden des Masterstudiengangs »Theater – Forschung – Vermittlung«, nach dem optimalen Bild, das Einblick in den Arbeitsstand dieser drei Produktionen vermittelt. Die Ergebnisse werden für das Publikum in den Live-Streams sichtbar.

Im Anschluss an die Tryouts finden Gespräche mit den Künstler:innen statt, moderiert von Dozent:innen des Instituts für Theater- und Medienwissenschaft der FAU Erlangen-Nürnberg.

florschütz & döhnert: »Big Box & kleines Orchester«

Sonntag, 9. Mai, 18:00 Uhr (kostenloser Live-Stream über die Festivalwebsite)
florschütz & döhnert: »Big Box & kleines Orchester«

Auf der Bühne steht eine große Kiste: wie eine riesige Verpackung, ein Telefonhäuschen, eine Werkstatt, ein Aufzug, eine Umkleidekabine … Straßenlaternen wachsen aus der Kiste heraus. Ein winziger Dirigent schiebt sich über die Bühne und gibt den Takt an. Ein Paar tanzt. Eine Hundeleine zieht den Hut vom Kopf. Die Kiste kippt und will lieber ein Tisch sein…
Was geht warum welche Verbindungen ein und wie beeinflusst es sich gegenseitig? Was ist das für eine unsichtbare Kraft, die Dinge in Bewegung bringt, Sinnzusammenhänge erzeugt und Geschichten entstehen lässt. Erstaunlich, rätselhaft und zum Schmunzeln. Zwischen Manipulation und Autonomie beginnt alles auf der Bühne miteinander zu spielen: das Licht, die Musik, die Menschen und die Objekte.

florschütz & döhnert waren 2019 mit „Elektrische Schatten“ beim internationalen figuren.theater.festival in Erlangen zu Gast und zeigen nun in einem Tryout einen szenischen Einblick in die Entwicklung ihres neuen Bühnenstücks.

Im Anschluss findet ein Künstler:innengespräch statt, moderiert von Dr. Hans-Friedrich Bormann.

Rafi Martin: »Blocken und Schlagen« (AT)

Mittwoch, 12. Mai, 18:00 Uhr (kostenloser Live-Stream über die Festivalwebsite)
Rafi Martin: »Blocken und Schlagen« (AT)

Der Körper als Material, in den Normen eingeschrieben sind – der Körper, der Schläge austeilen und einstecken kann – der Körper als Verdinglichung des Willens – der Körper, der Schlagkraft, Verteidigung und Widerstand verinnerlicht hat … »Blocken und Schlagen« zeigt menschliche Körper, die als weiblich sozialisiert sind, sich aber auch als queer, trans, intersexuell identifizieren. Zwei von drei Darsteller:innen sind professionelle Boxer:innen, die seit mehreren Jahren in Berlin in den Clubs Seitenwechsel oder Boxgirls e. V. Thai-Boxen, Englisch-Boxen oder Kickboxen praktizieren, eine:r ist Figurenspieler:in, ebenfalls mit Kampfsporterfahrung.
Die Objekte des Trainings spielen mit – Sandsäcke, Bandagen, Zahnschutz, Hanteln und Springseile – Gewicht, Gegengewicht und Widerstand werden sinnlich erfahrbar gemacht. Mit den Mitteln des zeitgenössischen Figurentheaters untersucht Rafi Martin Solidarität, Erotik, Adrenalin und Ekstase. Gewalt wird zur Stärkung eingesetzt, persönlich, feministisch, kollektiv, auf der Suche nach einer körperlichen Geschlechtsutopie, die mit Schlagfertigkeit spielt, um neue Bilder, Erzählungen und Referenzen zu schaffen. Gemeinsam erarbeiten die Spieler:innen eine Choreographie zwischen Material und Körpern, die visuelle Erfahrung, politische Reflexion und einen szenischen Hormonschub provoziert.

Rafi Martin studierte Figurentheater an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst (HMDK) in Stuttgart und war im Rahmen des Jungen Forums mehrmals in Erlangen zu Gast. 2019 war er als Teil des Tangram Kollektivs mit »Ein Fisch im Weltraum« beim internationalen figuren.theater.festival zu sehen.

Im Anschluss findet ein Künstler:innengespräch statt, moderiert von Prof. Dr. Bettina Brandl-Risi.

Laia RiCa: »Kaffee mit Zucker?«

Sonntag, 16. Mai, 18:00 Uhr (kostenloser Live-Stream über die Festivalwebsite)
Laia RiCa: »Kaffee mit Zucker?«

»Kaffee mit Zucker?« ist ein Projekt zwischen Materialperformance, biografischem- und zeitgenössischem Dokumentartheater. Die beiden Rohstoffe Kaffee und Zucker bestimmen in ihren unterschiedlichsten Aggregatzuständen die Bühne. Von ihnen ausgehend werden deutsche Einwanderungsgeschichte in Mittelamerika und koloniale Kontinuitäten verhandelt, die bis in die heutige Zeit fortleben. So entsteht in diesem Tryout aus Kaffeebohnen und Zuckerwatte, aus biografischem Material und historischen Quellen, aus Video-Fragmenten und Live-Musik eine bildstarke, inhaltlich dichte und sinnliche Inszenierung.

Die Performerin Laia RiCa ist in El Salvador und Deutschland aufgewachsen. In der deutschen Schule in San Salvador erlebte sie, wie nachhaltig der koloniale Habitus bis in die Gegenwart hineinreicht. Diese Erkenntnis sowie die persönliche Erfahrung des Aufwachsens zwischen zwei Kulturen bringt sie in das Stück mit ein: Das Ringen mit zwei Welten, der konstante Verdacht auf Verrat von »Wurzeln«, das Hinterfragen von Minderwertigkeits- und Überlegenheitsgefühlen und die offene Frage, was man mit dem Wissen um globale Ungerechtigkeit anfängt.

Im Anschluss findet ein Künstler:innengespräch statt, moderiert von Dr. Dorothea Pachale. Als Gesprächsgäste werden die Kunst- und Kulturwissenschaftlerin Verena Melgarejo Weinandt und der Dokumentarfilmer Uli Stelzner (»Die Zivilisationsbringer«, 1998) digital zugeschaltet.

Gespräche und Diskussionen

Samstag, 15. Mai, 11:00 bis 12:00 Uhr (kostenloser Live-Stream über die Festivalwebsite)
Theater im digitalen Raum – Wo ist die Aufführung?

Gespräch mit Ariel Doron, Prof. Dr. Nina Tecklenburg (Interrobang) und anderen. Moderation: Prof. Dr. Clemens Risi

Können wir im digitalen Raum eine Theateraufführung erleben? Wie können die für eine Live-Aufführung so wichtigen Merkmale wie Präsenz der Darstellenden, Atmosphären oder körperliche Wahrnehmung in den Raum des Digitalen überführt werden? Was kommt durch die Digitalisierung als mögliche neue Erfahrungsdimension hinzu? Wie kann es gelingen, dass die Zuschauenden merken, dass sie als Teilnehmende für das Zustandekommen der Aufführung wichtig sind, und wie gehen sie damit um, dass sie vor ihren jeweils eigenen Bildschirmen vereinzelt (und eben gerade nicht versammelt) sind?

Künstler:innen des Festivals – Ariel Doron, Nina Tecklenburg von der Gruppe Interrobang – diskutieren über ihre Arbeit und Erfahrungen im digitalen Raum mit Clemens Risi vom Institut für Theater- und Medienwissenschaft der FAU Erlangen-Nürnberg.

während des Festivals
Tryout Talks

Im Anschluss an die drei Tryouts, die aus dem Experimentiertheater gestreamt werden, finden Gespräche mit den Künstler:innen statt, moderiert von Dozent:innen des Instituts für Theater- und Medienwissenschaft der FAU Erlangen-Nürnberg.

Junges Forum

Das Junge Forum – eine Kooperation mit dem Institut für Theater- und Medienwissenschaft der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg und der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart –ist eine Plattform für die Begegnung von Studierenden, Absolvent:innen der Theaterhochschulen und dem Publikum. Es will Räume für Austausch schaffen und studentische Produktionen einem breiten Publikum präsentieren. Dabei versteht es sich als Werkstatt, in der Herangehensweisen diskutiert werden und der künstlerische Entwicklungsprozess im Vordergrund steht. Darüber hinaus geben Reflexionen neue Denkanstöße und bieten Einblicke in Arbeitsweisen und Praktiken des Figurentheaters.

Im Rahmen des Jungen Forums finden während des Festivals unter anderem folgende Aktivitäten mit Beteiligung des ITM statt:

  • Berichte aus dem Labor (interne Lehrveranstaltung / online)
    Wo sich vorher im Experimentiertheater ein Publikum eingefunden hat, sind nun diejenigen, die spielen und streamen, unter sich, was die Aufführungen gravierend verändert. Das, was eigentlich als Theaterszene konzipiert war, wird nun, den pandemischen Umständen folgend, zu einem Film. Wie dieser Transfer sich auf die ursprüngliche bzw. geplante Inszenierung auswirkt und für Künstler:innen und Zuschauer:innen bemerkbar macht, worin das Defizitäre und vielleicht auch das Potential dieser Wandlung in den digitalen Raum hinein besteht, soll anhand der drei Produktionen, in deren Umgestaltung auf der Bühne für die Kamera wir als Beobachter:innen involviert sind, diskutiert werden. Damit werden andere Gesprächsformate des Festivals, die sich ebenfalls dem Digitalisierungsthema widmen, ergänzt.
    Die Termine und Zeiten zu den »Berichten aus dem Labor« unter der Leitung von André Studt werden kurzfristig auf der Festivalwebsite bekannt gegeben.
  • Ich sehe was, was du nicht siehst (interne Lehrveranstaltung)
    Während die Erlanger Studierenden vor Ort im Experimentiertheater den Transformationsprozess der Aufführung ins Digitale verfolgen können, sehen die Stuttgarter Studierenden lediglich – wie auch das übrige Publikum – das Ergebnis als Live-Stream. Online tauschen sich nun die beiden Gruppen darüber aus, was sie gesehen haben – bei der Probe, auf der Bühne, auf dem Bildschirm – und diskutieren am eigenen Beispiel Differenzen in der Wahrnehmung und Selbstwahrnehmung der Zuschauer:innen in Präsenz- und Online-Vorstellungen.
  • Let’s Twitch: Figurentheater im Live-Stream und Podcast (interne Lehrveranstaltung / online)
    Das Projektseminar unter der Leitung von Rainer Hertwig will das Festival mit den angesagtesten Formaten begleiten, die derzeit in aller Augen und Ohren sind. Mit Podcasts und Live-Streams begleitet es Online-Performances, befragt das Publikum und das Festival-Team nach seinen Erfahrungen. Als zeitgemäße Form des Blogs präsentiert es seine Beiträge bei Twitch, YouTube und auf der Festivalwebsite.

Das vollständige Programm des Jungen Forums finden Sie hier.